Samstag, 7. April 2018

Die Reise beginnt


Am 4.4. konnte ich mich endlich auf den Weg machen, nachdem ich meine Verteidigung der Bachelorarbeit absolvierte. Ich musste die Nacht am Flughafen in Athen verbringen, da es keine bessere Möglichkeit gab, günstig nach Lesbos zu kommen. Entlohnt wurde ich dafür mit einem fabelhaften Sonnenaufgang am Flughafen von Lesbos, der direkt am Meer liegt. Keine 15 Minuten musste ich warten, um für 2,- den Bus in die Stadt nehmen zu können. Der Bus hielt sogar fast vor der Haustür meiner künftigen WG. 

Nach einer Grundreinigung konnte ich auch mein Zimmer beziehen. In dieser WG lebten wohl zwischenzeitlich bis zu 9 Personen. Jetzt sind wir zwei Menschen und ein Hund. Ich wurde direkt informiert, dass ich auch bald Sturmfrei habe und der Hund aber bei mir bleibt und dementsprechend von mir umsorgt werden muss.

Mytilini von oben
Ich lebe direkt am Hafen und habe es weder weit zu einem Supermarkt, Café, Restaurant, der Fußgängerzone oder dem Wasser. Wenn der Wind richtig weht habe ich Meeresbrise und Möwengesänge auf meinem Balkon, aber um das Meer zu sehe, muss ich mich um die Ecke des Balkons lehnen ( Es ist die Sache aber wert ;) ).
Mytilini ist wunderschön und romantisch als Städtchen, mit vielen Palmen, einigen Grünanlagen und Denkmälern. Es gibt auch eine alte Burg, die man für zwei Euro besichtigen kann und über das grandiose Wetter kann ich mich nicht beklagen. Am Hafen fischen Insulaner, wie auch Geflüchtete nach den vielen Fischen und während ich auf einen deutschen wartete, dessen Handy ich mit auf die Insel nahm, zeichnete ich zum erstem Mal seit Jahren wieder.

Es ist schön, die Zeit nach dem Abschluss woanders zu verbringen. Ich genieße den Szenenwechsel, auch wenn einiges gewöhnungsbedürftig ist. Dieses Wochenende ist vor Ort das orthodoxe Osterfest, weshalb ich meine Arbeit erst zum Dienstag aufnehmen kann. Es erlaubt mir die Gegend und Menschen kennenzulernen. Ich konnte direkt eine kleine Gruppe Freiwillige finden, die mit mir am Sonntag den höchsten Berg der Insel erkunden wollen. Ebenso habe ich ein Projekt kennenlernen dürfen, welches Essen auf Rädern an das heftigste Flüchtlingscamp austeilt. Vier Spanier und zwei Afghanen zaubern in einem Kochcontainer feinste spanische und internationale Speisen, verpacken diese und geben sie gratis aus. Ich vermute, dass ich als Mädel eine willkommene Abwechslung war, da auf meine Frage hin, ob ich sie unterstützen könne direkt der Montag ausgemacht wurde und ich sogar abgeholt werde (weil keine Busse fahren und ich sonst über 40 Minuten laufen müsste). Ihr Container steht illegalerweise auf einem Lagergrundstück etwas versteckt hinter Lagerhallen. Das Gelände , sowie der Kochcontainer sind super sauber und die nicht losgewordenen Speisen, sahen super super lecker aus. Ich freue mich schon sehr darauf von diesem Tag berichten zu dürfen und bin gespannt, wie ich die erfahrenen Köche überhaupt unterstützen kann :)

Einen "typisch Lena"-Vorfall kann ich direkt mal berichten -
Da bereits gestern keine Busse gefahren sind und ich den deutschen Techniker(dessen Handy ich mit nach Griechenland nahm), der den Food-truck unterstützt aber besuchen wollte, auf seine Nachricht hin, dass angeblich doch Busse fahren, musste ich schauen, dass ich anderweitig zu seinem Lagerplatz kam. Ich hatte Birkenstocks an, welche ich persönlich richtig unbequem finde und erkundigte mich an einer Bushaltestelle, was denn nun der Fall sei. Ein Grieche fuhr mich kurzerhand zu dem Lagergelände, weil er fest davon ausging, dass kein Bus fahren würde. Der Rückweg gestaltete sich schwieriger. Nachdem ich 10 Minuten wartete überlegte ich per Anhalter die 5 minütige Strecke zu fahren oder die 30 Minuten zu laufen. Der Techniker rief mir noch zu ich solle dem kommenden Ferarri ein Zeichen geben. Also streckt ich den Daumen raus – zu meinem Entsetzen zeigte ich jedoch auf „griechisch und türkisch“ den Stinkefinger :D. Nachdem der Techniker mir das von der Ferne zu rief, war ich so beschämt, dass ich die 40 Minuten einfach zurück gelaufen bin …

Wäre ich nicht gelaufen, hätte ich nie die zwei jungen Afghanen mit Blumen kennengelernt. Zwei zwölf jährige, die Selfies von sich mit dem Meer und Blumen machten. Da ich eh vorbei gelaufen bin, fragte ich, ob ich sie nicht zusammen fotografieren soll und nach einer kleinen Fotosession schenkten sie mir einfach die Blumen und begleiteten mich ein Stück zum Städtchen zurück. Irgendwie ließ mich das direkt gut hier ankommen und vergessen, in was für einer Wohnung ich untergekommen bin, um 7 Wochen in einem Projekt zu arbeiten, welches sicherlich nicht für jeden geeignet ist.

Es gab leider auch schon unangenehme Begegnungen. Schon wieder habe ich eine Deutsche in meinem Alter kennengelernt, welche meint mit ihrer Nase im Himmel geboren zu sein. Es ist schade, dass einige die Arbeit mit Geflüchteten nutzen, um sich über andere zu stellen und das obwohl wir am selben Strang ziehen. Zum Glück ist es hier total international und kunterbunt. Ich bin mir sicher, dass auch viele Freiwillige dabei sind, denen es wie mir um das Solidaritätsprinzip geht. Die werde ich auch alle noch kennenlernen, wenn die Arbeit endlich losgeht :)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Flying Seagulls im Projekt

Vor einiger Zeit beehrten uns die Flying Seagulls. Diese verstehen sich als Entertainer für Kinder in Krisengebieten und machen es sich zur...